Experiment A4 – Paritätsverletzung

Atomkerne sind aus Protonen und Neutronen (Nukleonen) zusammengesetzt. Die A4-Kollaboration hat sich zum Ziel gesetzt, die Struktur der Nukleonen zu erforschen. In einem einfachen Modell sind die Nukleonen aus drei elementaren Bausteinen, den sogenannten Quarks, aufgebaut. Aus den Forschungen der letzten Jahrzehnte ergibt sich ein komplexeres Bild: Neben den drei Konstituentenquarks tragen auch die Austauschteilchen der starken Wechselwirkung, die Gluonen, und ein See aus Quark/Antiquark-Paaren zu den Eigenschaften von Proton und Neutron bei. Dabei können auch Quarksorten auftreten, die unter den Konstituentenquarks gar nicht vertreten sind. Auf solche Quarks, genauer die sogenannten Strangequarks, konzentrieren sich die Messungen.
Polarisierte Elektronen werden an unpolarisierten Protonen gestreut und werden in einem Bleifluroidkalorimeter nachgewiesen. Je nach Polarisation ergeben sich winzige Unterschiede in der Kopplungsstärke und damit in der Zahl der gestreuten Elektronen. Aus dieser Asymmetrie kann die Verteilung der Strangequarks im Nukleon bestimmt werden.

Die A4-Kollaboration beschäftigt sich mit der Messung kleiner Asymmetrien im Wirkungsquerschnitt der elastischen Streuung polarisierter Elektronen an unpolarisiertem Wasserstoff oder Deuterium. Dabei werden Impulsüberträge im Bereich zwischen 0.1 GeV2 und 0.6 GeV2 bei Streuwinkel von 30-40 Grad in Vorwärts- oder 140-150 Grad in Rückwärtskonfiguration erreicht. Die physikalischen Ziele unterscheiden sich je nach Polarisation der Elektronen:

- Bei longitudinaler Polarisation der Elektronen werden paritätsverletzende Asymmetrien gemessen, aus denen sich unter Zuhilfenahme des Standardmodells Beiträge von Strange-Seequarks zu den Vektorformfaktoren von Proton und Neutron bestimmen lassen. Die Kombination der Messungen an Wasserstoff und Deuterium ermöglicht zusätzlich die Bestimmung des axialen Formfaktors des Protons (nukleares Anapolmoment).
- Bei transversaler Polarisation beruhen die beobachteten Asymmetrien auf der Interferenz zwischen Ein- und Zweiphoton-Austausch. Diese Asymmetrien sind sensitiv auf angeregte intermediäre Zwischenzustände des Nukleons. Der Imaginärteil der Zwei-Photon-Austausch-Amplitude kann aus den Messungen bestimmt werden.

Ein Hochleistungswasserstofftarget und ein polarisierter Elektronstrahl mit I=20 µA ermöglichen Luminositäten von etwa L=1038cm-2s-1. Zur Messung der paritätsverletzenden Asymmetrien wurde ein totalabsorbierendes, segmentiertes Bleifluoridkalorimeter aufgebaut, das Einzelereignisse mit einer Rate von 100 MHz verarbeiten kann. Den 1022 Einzelkristallen ist jeweils ein eigenes Elektronikmodul zugeordnet, so daß die Daten parallel verarbeitet werden können. Ein Laser-Compton-Rückstreu-Polarimeter dient der zerstörungsfreien Messung der Elektronpolarisation parallel zum Meßbetrieb. Hierbei wurde erstmalig das Internal-Cavity-Konzept umgesetzt.

 

Mitglíeder am Institut für Kernphysik

Professorinnen und Professoren
Prof. Dr. Dietrich von Harrach
Frau Prof. Dr. Eva-Maria Kabuß
Prof. Dr. Frank Maas
Wissenschaftliche Mitarbeiter / Postdocs
Dr. Sebastian Baunack
Dr. Stephan Gerrit
Dr. Ernst Schilling