Funktionsprinzip

In Teilchenbeschleunigern werden elektrisch geladene Teilchen mittels elektrischer und magnetischer Felder beschleunigt. Das einfachste Prinzip ist die Verwendung einer hohen Gleichspannung, in deren elektrischem Feld die Teilchen beschleunigt werden. Oberhalb von einigen 100 kV nimmt jedoch die Wahrscheinlichkeit für die Bildung von Lichtbögen stark zu, so dass die erreichbare Energie begrenzt ist. Für höhere Energien wird daher das Prinzip des Linearbeschleunigers verwendet, bei dem die Elektronen in den hochfrequenten elektrischen Feldern von Mikrowellenstrahlung beschleunigt werden. Hiermit lassen sich Energien erreichen, für die ein Elektron mehrere MV an Spannung durchlaufen müsste.

Auch ein solcher Beschleuniger erlaubt aber typischerweise nur wenige MeV an Energiegewinn pro Meter Länge. Um also nicht eine kilometerlange Strecke von Linearbeschleunigern zu bauen, durchlaufen die Elektronen an MAMI denselben Linearbeschleuniger mehrfach, wobei sie nach jedem Durchlauf über Magnete umgelenkt und wieder zum Anfang des Linearbeschleunigers zurückgeführt werden. Die Bahnen sehen hierbei wie die Rennbahnen einer antiken Arena aus, weshalb dieses Konzept als Rennbahn-Mikrotron (Racetrack-Microtron bzw. RTM) bezeichnet wird. Die Umlenkmagnete müssen groß genug sein, damit auch die Elektronen der höchsten Energie noch vollständig innerhalb der Magnete abgelenkt werden. Für die Beschleunigerstufe MAMI B sind diese Magnete ca. 5 m breit und 450 t schwer. Damit ist die mechanische Grenze des RTM-Konzepts erreicht [1], wodurch MAMI das größte Mikrotron der Welt ist.

Die neueste Beschleunigerstufe verwendet daher nicht mehr zwei um 180° ablenkende Magnete und einen Linearbeschleuniger, sondern vier jeweils um 90° ablenkende Magnete und zwei Linearbeschleuniger. Für dieses neue Konzept des Harmonischen Doppelseitigen Mikrotrons [2] wurde weltweit erstmalig ein Linearbeschleuniger mit einer Frequenz von 4.90 GHz entwickelt und eingesetzt; der zweite Linearbeschleuniger arbeitet bei der MAMI-Grundfrequenz von 2.45 GHz.

Anm.: Es gibt einige spezielle Teilchenbeschleuniger (z.B. SLAC und der geplante TESLA/ILC), die tatsächlich als mehrere Kilometer lange Kette von Linearbeschleunigerstrukturen aufgebaut sind.

[1] H. Herminghaus et al.: The Design of a Cascaded 800 MeV Normal Conducting C. W. Race Track Microton; Nucl. Instr. & Meth. 138 (1976) 1.

[2] K. H. Kaiser et al.: The 1.5 GeV Harmonic Double-Sided Microtron at Mainz University; Nucl. Instr. & Meth. A 593 (2008) 159-170.