Institutsprofil

Die Forschung am Institut für Kernphysik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zielt auf ein Verständnis der Phänomene und Wechselwirkungen von Hadronen, also von Mesonen und Baryonen. Nach heutigem Kenntnisstand handelt es sich bei diesen Objekten um Vielteilchenzustände von Quarks und Gluonen, die gemäß der starken Wechselwirkung gebunden sind. Im naiven Quarkmodell bestehen Mesonen aus einem Quark-Antiquark-Paar, wohingegen Baryonen aus drei Quarks zusammengesetzt sind. Wir wissen jedoch, dass die Masse der Hadronen um ein Vielfaches größer ist als die Masse der Konstituenten-Quarks, was qualitativ durch die Dynamik der starken Wechselwirkung beschrieben wird. Ein quantitativer Zugang ist jedoch bisher nicht möglich. Die quantenfeldtheoretische Beschreibung der starken Wechselwirkung, die Quantenchromodynamik (QCD), zeichnet sich durch eine kleine Kopplungskonstante bei kleinen Quark-Abständen bzw. großen Impulsüberträgen aus (sog. asymptotische Freiheit) und wurde in diesem Regime in Hochenergiephysik-Experimenten erfolgreich getestet. Die Situation ist in krassem Gegensatz zu dem Verständnis der starken Wechselwirkung bei großen Abständen bzw. kleinen Impulsüberträgen. Hier ist die Kopplungskonstante der QCD groß aufgrund der Selbstwechselwirkung der farbgeladenen Gluonen und eine störungstheoretische Beschreibung der QCD ist nicht möglich. In diesem Regime des Confinement, das zur Bindung der Hadronen führt, aber theoretisch bisher unverstanden ist, werden effektive Feldtheorien bzw. in letzter Zeit auch mit zunehmendem Erfolg ab-initio-Rechnungen gemäß der Gittereichtheorie herangezogen.

Am Institut für Kernphysik werden Präzisionsmessungen und Präzisionsrechnungen durchgeführt, um die Theorie der starken Wechselwirkung bei kleinen Impulsüberträgen zu testen. Dabei wird eine größere Anzahl von wohl definierten Observablen, die der Messung zugänglich sind, detailliert untersucht. Dies sind u.a. Formfaktoren, Polarisierbarkeiten, Polarisationsobservablen sowie Observablen der Flavour-Struktur von Hadronen und deren Symmetrien, als auch deren Massenspektrum.

Untersuchungen dieser Art dienen nicht nur dem Verständnis der QCD bei niedrigen Energien, sondern sind auch von Bedeutung für das Standardmodell der Teilchenphysik generell, da die ungenügende Kenntnis der starken Wechselwirkung z.B. wichtige Präzisionstests des elektroschwachen Standardmodells limitiert und somit die Suche nach Erweiterungen des Standardmodells limitieren. Beispiele für wichtige Präzisionsvariablen aus diesem Bereich sind das anomale magnetische Moment des Myons sowie die laufende elektromagnetische Feinstrukturkonstante, deren theoretische Kenntnis durch die hadronische Vakuumpolarisation beschränkt ist, und der limitierende Faktor für Hochpräzisionstest des Standardmodells ist. Auch die Extraktion von CKM-Parametern an den B-Fabriken ist signifikant durch hadronische Unsicherheiten limitiert.